Foto: Jules Roga

Mein Onkel muß es von Anfang an gewußt haben: Der Junge wird ein Musiker!

 

Ein altes Foto zeigt einen etwa drei Jahre alten Jungen auf einem Sofa mit einer Gitarre auf dem Schoß. Ein weiteres Foto zeigt denselben Jungen etwa vier Jahre alt, singend, hinter ihm mit Gitarre besagter Onkel. Dieser blickt mit freudigen Augen auf den singenden Knaben, greift ein fröhliches

D Dur und singt ebenfalls.

 

So begann mein Leben!

 

Im Zimmer meiner Oma, bei der ich meine ersten Lebensjahre hauptsächlich verbrachte, stand die Musiktruhe, ein kommodenartiger Schrank, der ein Radio und einen Plattenspieler der Marke Telefunken beherbergte. Des Weiteren wohnten dort: Schallplatten!

"Seemann, Deine Heimat", "Mit 17 fängt das Leben erst an", "Kriminal Tango" und "Die Liebe ist ein seltsames Spiel" wurden hörbar, legte man diese schwarzen runden Scheiben auf den Teller des Telefunkengerätes.

Und das tat ich immer wieder mit großer Begeisterung.

Bill Ramsey, Peter Kraus, Conny Froboess, Freddy Quinn und Heidi Brühl wurden meine Freunde

und Wegbegleiter.

Als ich meine erste Gitarre zu Weihnachten bekam, begann ich damit, die Melodien auf den mir zur Verfügung stehenden Schallplatten mitzuspielen. Ich erinnere mich, daß die Amboß Polka mich vor große Schwierigkeiten stellte, die mich aber nicht entmutigten.

 

Als die Pubertät kam, war die Kindergitarre uninteressant geworden. Nicht aber die Musik!

Ich bekam ein kleines tragbares Transistorradio geschenkt, mit dem sich Radio Luxemburg empfangen ließ. Ich hatte es ständig bei mir. Eines Tages stand ich damit am Ufer der Trave und hörte "Coco" von einer Band namens Sweet. Ich war sofort wie hypnotisiert von diesem Sound, den die unterirdische Klangqualität meines Empfangsapparates nicht zerstören konnte, mochte es auch noch so rauschen, knacken und zirpen.

 

Die daraufhin einsetzende Sehnsucht nach einer "richtigen" Gitarre gipfelte in dem Kauf einer Nylonsaitengitarre, ähnlich der meines Onkels.

Mit ihr lernte ich natürlich erstmal "House of the rising sun" spielen.

Das tat man damals so. Nur wer das konnte, kam weiter.

 

Ich kam weiter. Bald war eine 12saitige Gitarre da, mit der ich alle derzeitig wichtigen Songs spielen konnte --- und mußte, denn ich wurde zu Partys nur noch eingeladen, wenn ich ebendieses Instrument bei mir führte.

 

Und zu den wichtigen Songs gehörten irgendwann auch die Lieder von einem gewissen Herrn Lindenberg, welcher mir durch sein Beispiel zu verstehen gab, daß gute Rockmusik auch in deutsch geht. 

Meine ersten eigenen Songs entstanden! Danke Udo!

 

Der Rest ist schnell erzählt: Song reiht sich an Song, Band reiht sich an Band.

Das Leben spielt einem Streiche, es gibt Höhen und Tiefen, aber die Musik ist geblieben.

Und die erfüllt mich wie damals, als mein Onkel mit mir sang.

Und einer der glücklichsten Momente meines Lebens ist der, als er zu meiner Musik tanzte!

 

Und wenn ich heute auf irgendeiner Bühne stehe und singe,

ist unsichtbar für alle anderen mein Onkel immer dabei.

Er schaut mich an, wie auf dem Foto, das ich ganz oben beschrieben habe!

Mit freudigen Augen!!!